15.05.2020

Motivation und Teamgeist im Homeoffice

Eine alleinerziehende Mutter setzt ihren kompletten Urlaub und alle ihre Überstunden ein, weil es für sie organisatorisch nicht möglich ist, Homeoffice und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Davon erfährt ein Kollege, der ihr spontan seine Überstunden schenkt. Daraus entsteht eine unternehmensweite Aktion: die Mitarbeiter spenden insgesamt 5.000 Überstunden, um Kollegen und Kolleginnen in Not zu helfen. Als die Unternehmensleitung diesen Erfolg sieht, honoriert sie die Anstrengungen der Belegschaft mit weiteren 5.000 Überstunden. 10.000 Überstunden stehen jetzt in einem Pool zur Verfügung, um KollegInnen in dieser schwierigen Situation zu helfen.

Motivation und Teamgeist im Homeoffice

Dieses überwältigende Beispiel kollegialer Solidarität ist mir von einem lieben Kollegen zugetragen worden, der dieses Unternehmen betreut. Und es zeigt in beeindruckender Art und Weise, was Teamgeist auch und gerade in schwierigen Zeiten möglich macht.

In diesem zweiten Blog zum Erfahrungsaustausch zwischen Führungskräften geht es darum, wie Sie auch nach vielen Wochen Lockdown, Motivation und Teamgeist aufrecht erhalten und fördern können.

Transparenz

MitarbeiterInnen wollen ernst genommen werden und erwarten Orientierung. Und das zu Recht. Wenn wir von ihnen erwarten, dass sie weiterhin engagiert das Schiff durch diese schwierigen Zeiten rudern, dann müssen wir ihnen etwas geben, an dem sie sich festhalten können. Und das ist klare und transparente Information. Aber wie mache ich das in dieser unklaren Welt, in der niemand vorhersagen kann, wie es nächste Woche oder gar nächsten Monat aussehen wird? Es beginnt einmal mehr damit, diese Unsicherheit anzuerkennen, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Und dies auch offen anzusprechen.

Gleichzeitig können wir uns auf unterschiedliche Szenarien vorbereiten. Ein Szenario ist z.B. die „Sanfte Lockerung“. Dabei gehen wir davon aus, dass die langsame Auflösung des Lockdowns mit einer moderaten, kontrollierbaren Entwicklung der Infektionszahlen einhergeht. Langsam aber stetig bessert sich die Lage. Kleinere Rückschläge beeinflussen nicht die Gesamttendenz.

Ein weiteres Szenario könnte die „Zweite Welle“ sein. Das bedeutet, dass wir spätestens im Herbst einen erneuten heftigen Anstieg der Infektionszahlen mit erneutem Lockdown erleben werden.

Ein drittes Szenario ist vielleicht das „Wunder“. Entgegen aller Voraussagen entwickeln wir bereits in diesem Jahr einen funktionierenden Impfstoff und können weltweit das Weihnachtsfest feiern, wie in den vergangenen Jahren auch.

Dies sind nur einige grob beschriebene Beispiele für Szenarien. Schauen Sie, welche für Sie denkbar und relevant sind. Und erarbeiten Sie Handlungspläne für jedes dieser Szenarien. „Was tun wir, wenn…?“ ist die entscheidende Frage. Diskutieren Sie diese Frage gemeinsam mit Ihrem Team. Und Sie werden erstaunt sein, welche Ideen und welche Motivation entstehen.

Sinn stiften und Ziele definieren

Die nächste wichtige Frage lautet: „Wozu arbeiten wir?“ Sie werden bemerkt haben, dass ich hier nicht nach dem „Warum“ frage. Warum lenkt den Blick nach hinten. Sinn finden wir mit dem Blick nach vorn. Vor Corona war es einfach. Wir hatten Ziele. Umsatzziele, Wachstumsziele, Effizienzziele und vieles mehr. Alle diese Ziele waren natürlich SMART und positiv formuliert und konnten so ihren motivatonalen Charakter entfalten. All die Unternehmen und Organisationen, für die diese Ziele weiterhin gelten, dürfen sich glücklich schätzen. Machen Sie weiter so und genießen Sie dabei diesen Zustand der Zielklarheit.

All die anderen, bei denen die Zielwelt komplett zusammengebrochen ist, müssen schleunigst für eine neue Ausrichtung sorgen. Vielleicht geht es bei Ihnen jetzt einzig und allein darum, als Unternehmen zu überleben. Die Arbeitsplätze und damit die wirtschaftliche Existenz Ihrer MitarbeiterInnen zu sichern. Oder Sie streben Entwicklungsziele an: „Ich will, dass mein Team aus dieser Krise gestärkt hervorgeht.“, hat mir eine Führungskraft auf meine Frage nach ihren aktuellen Zielen gesagt.

Sprechen Sie mit Ihrem Team über die neuen Ziele. Gewinnen Sie die Menschen dafür. Binden Sie ihr Team bei der Zielfindung mit ein. Fragen Sie Ihre MitarbeiterInnen. Oder begründen Sie Ihre Entscheidungen wenigstens ausführlich und stellen Sie sich den Fragen, die Ihnen dazu gestellt werden.

Im oben genannten Beispiel wurde das Ziel mit dem Team abgestimmt. Dann wurden Maßnahmen und Regeln abgeleitet. Die Aufgabenverteilung und Arbeitsorganisation wurden angepasst. Die Kommunikation wurde verändert. Regelkommunikation wurde konsequent durchgezogen und neben der Etablierung persönlicher und privater Themen in den Teammeetings gibt es regelmäßig die offiziellen Fragen: „Was kannst du für das Team tun, damit es noch besser funktioniert?“, „Was brauchst du aus dem Team, um besser arbeiten zu können?“ und „Werden wir als Team dadurch stärker?“

Das ist alles keine Raketenwissenschaft. Wir alle haben solche oder ähnliche Themen auf Dutzenden von Führungstrainings gehört oder selbst angesprochen. Ich erlebe nur leider viel zu selten, dass das was wir wissen auch konsequent angewendet wird.

Klare Regeln und Strukturen

Unter diesem Stichwort komme ich einmal mehr auf mein Lieblingsthema zu sprechen. Im Büro können wir viele Themen schnell „zwischen Tür und Angel“ oder in der Teeküche regeln. Auch Korrekturen lassen sich schnell auf Zuruf vornehmen. Diese Möglichkeiten entfallen im Homeoffice. An ihre Stelle treten klare Verantwortlichkeiten und Aufgabenzuordnung. In einem Team muss klar sein, wer welche Aufgaben zu bearbeiten hat und wer welche Entscheidungen trifft. Rückfragen und Klärungen kosten im Homeoffice einfach mehr Zeit. Die Chance dabei ist, dass uns Versäumnisse aus der „Kontaktzeit“ nun schnell deutlich werden und wir die Gelegenheit nutzen können, unsere Prozesse und Absprachen zu verbessern.

Mehr als einmal habe ich von meinen Kunden gehört, dass Besprechungen jetzt deutlich effizienter und effektiver laufen als vor Corona.

Zu den Regeln und Strukturen gehören auch klare Regeltermine. Darunter verstehe ich z.B. den maximal 10-minütigen Daily Huddle, für den Austausch von aktuellen Informationen und Arbeitspaketen und den täglichen Kontakt.

Ebenso gehört die wöchentliche Lagebesprechung dazu. Sie sollte 45 - 60 Minuten nicht überschreiten und dient dem Austausch von Zahlen, Daten und Fakten zu den aktuellen Projekten und der Dokumentation der Fortschritte.

Wichtig ist, dass in diesen beiden Meetingformen nicht großartig über Details diskutiert wird. Das ist extrem ermüdend und verlängert die Veranstaltung unnötig für alle Beteiligten.

Diskussionen und Entscheidungen finden in Themenmeetings zu einem bestimmten Projekt oder einem ganz spezifischen Problem statt. Oder in den längeren Teammeetings, in denen es auch um generelle Fragen der Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung geht. Diese Teammeetings können auch für den informellen Austausch und als emotionales Ventil genutzt werden, um sich mal den Frust von der Seele zu reden, soweit das in der großen Runde gewünscht oder erforderlich ist.

Für den Teeküchen-Small-Talk kann auch der virtuelle Besprechungsraum jeweils früher geöffnet werden. Das schafft Gelegenheiten, auch persönliche Informationen auszutauschen.

Für tiefergehende Themen bleiben dann noch die Einzelgespräche, die ich als Führungskraft regelmäßig mit meinen MitarbeiterInnen führen sollte. Wöchentlich wäre schön. 14-tägig sehe ich als absolutes Muss an.

Kommunikativ ist die Situation also alles andere als entspannt für Sie als Führungskraft.

Fazit

Auch im Homeoffice kann ich als Führungskraft Motivation und Teamgeist fördern. Dazu braucht es Offenheit und Transparenz, Sinn und klare Ziele und eine intensive Kommunikation. Schaffen Sie immer wieder Situationen der Gemeinsamkeit und geben Sie Ihren MitarbeiterInnen das Gefühl nicht allein, sondern Teil einer Gemeinschaft zu sein.

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