16.04.2019

Wirksam Führen – eine Orientierungshilfe

Fühlen Sie sich als Führungskraft auch manchmal verloren im Dschungel der Führungstheorien? Zahlreiche Konzepte und Stile erzählen von der partizipativen »Führungskraft als Coach«, der emotionalen, der situativen oder auch der transformationalen Führung. Und jetzt kommt auch noch dieser Wolfgang Müller und erzählt etwas von Weite und Wirksamkeit …

Wirksam Führen – eine Orientierungshilfe

Es gibt keine Führungsanleitung

Wer soll bei diesem Angebot noch den Überblick behalten? Und welche Form der Führung ist die Richtige? Hätten wir als Führungskraft nicht gerne ein How-to, eine Anleitung zum richtigen Führen? Ja, die hätten wir gerne. Allerdings gibt es sie nicht. Denn der Mensch ist, wie schon Heinz von Förster treffend beschreibt, eine nicht-triviale Maschine. Er meint damit, dass ich vom Input nicht auf den Output schließen kann. Ich kann bei einem Menschen eben nicht sagen, dass ich nur dieses oder jenes Führungsverhalten zeigen muss, um die gewünschte Mitarbeiterreaktion zu erhalten. Wie kann ich also nun die Orientierung behalten?

Exkurs »Seltsames Führungsverhalten«

Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte erzählen, die sich bei der Vorbereitung eines Führungsworkshops für einen Hersteller von Bauchemie zugetragen hat. Da ich die Teilnehmer schon aus einem früheren Projekt kannte, habe ich sie im Vorfeld angerufen und gefragt, welche Themen sie zur Zeit beschäftigen und was hilfreich für sie sein könnte. Mit dieser Frage kam ich auch zum Leiter der Anwendungstechnik, der mich sehr emotional am Telefon empfing: „Gut, dass Sie anrufen, Herr Müller. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich machen soll. Vor zwei Jahren hatten wir unser letztes Führungstraining. Da war ein Kollege von Ihnen und das Thema war »die Führungskraft als Coach«. Und letzte Woche habe ich mir einen meiner Anwendungstechniker bei einer Produktpräsentation vor 50 Handwerkern angeschaut. Der hat doch tatsächlich während des gesamten zweistündigen Vortrags Kaugummi gekaut. Da bin ich hinterher zu ihm gegangen und habe gesagt: ‚Wenn ich dich noch einmal Kaugummi kauen sehe, fliegt dir der Hammer ins Kreuz.‘ Herr Müller, das war doch kein Coaching, oder?“ „Nein, das war kein Coaching“, war meine – hoffentlich nachvollziehbare – Antwort. „Ja, und jetzt weiß ich nicht, ob ich das richtig gemacht habe.“ Der arme Mann war völlig verunsichert.

Ich habe ihm daraufhin folgende zwei Fragen gestellt: „Hat der Mitarbeiter jemals wieder in einer Präsentation Kaugummi gekaut?“ „Nicht, wenn ich dabei war“, so seine Antwort. „Spricht er noch mit Ihnen?“ „Ja, ganz normal“, entgegnete er. „Dann können Sie beruhigt sein. Sie haben richtig gehandelt.“

Mut zur Individualität

Vielleicht wird der ein oder andere jetzt denken „Das kann der doch nicht ernst meinen!“ oder „Wo bleibt denn da die Wertschätzung?“ – darüber ließe sich sicherlich trefflich streiten. Am Ende bleibt jedoch die Tatsache, dass Sie als Führungskraft für zwei Grundthemen verantwortlich sind: für das Verhalten Ihrer Mitarbeiter und für die Stimmung im Team. Und mit den beiden Fragen überprüfen Sie genau diese Dimensionen.

Sicherlich passt die Intervention des Leiters Anwendungstechnik nicht auf jeden Mitarbeiter in jedem Unternehmen. In diesem Fall jedoch war er ausgesprochen wirksam, ohne die Beziehung nachhaltig zu stören.

In diesem Sinne ermuntere ich Sie, Weite zu zeigen und ab und zu auch einmal Mut zum »seltsamen« Führungsverhalten zu zeigen, oder auch einfach nur etwas auszuprobieren. Mit den beiden Fragen können Sie sich am Ende immer wieder eine Orientierung verschaffen, ob Sie auch wirklich eine wirksame Führungskraft sind.

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